Das Telefon klingelt. Ich höre wie meine Mutter meinen Opa begrüßt.
Ich weiß nicht wieso, aber manchmal spührt man einfach, wenn irgendwas Schlimmes passiert ist. Meine Oma war gestern ins Krankenhaus gekommen. Klar, macht man sich Gedanken, aber sie war schon öfter da und ich hatte sie vor kurzem noch gesehen und da war alles gut.
Keine Ahnung wieso, aber ich springe sofort auf, laufe in den Flur, höre meine Mama schluchzen und ich weiß sofort was passiert ist. Ich kann mir "Mama, nein, oder?", eigentlich auch sparen, weiß es doch eh schon seit das Telefon so früh klingelte.
Ich hasse diesen Geruch in Krankenhäusern. Er macht mir Kopfschmerzen und verursacht Übelkeit mit komischen Bauchschmerzen. Bauchschmerzen, die dafür Sorgen das man am ganzen Körper zittert und friert. In diesen Wänden liegt überall Schmerz und Traurigkeit, was gibt es schon Schönes in Krankenhäusern?
Ich laufe wie ein Roboter zwischen meiner Familie durch die Gänge. Überall Gedanken, nur fühlen tu ich nichts. Ich hab es immer noch nicht realisiert und stelle mir eigentlich nur die Frage, wer sich jetzt um meinen Opa kümmern soll und das ganze leckere Essen kocht.
Eine Schwester erzählt das irgendwas in ihrem Körper geplatzt sei und sie daraufhin innerlich verblutet ist. Man hätte versucht sie zurück zu holen, aber es sei alles so schnell gegangen. Mein Opa fängt an zu weinen, schließlich hat er eine halbe Stunde davor noch mit ihr telefoniert und sie sagte, das alles gut sei.
Die Schwester führt uns vor einen kleinen Raum. Ich gehe als letztes und frage mich tatsächlich ob ich nicht einfach wegrennen sollte und mich auf die Suche nach einem Gegenmittel mache. Leider gibt es in dieser Welt kein Mittel gegen den Tod.
Mein Opa betritt den Raum. Hinter ihm seine Tochter, Papas Schwester. Sie bricht zusammen.
Ich stelle mich an das nächste Fenster und versuche mir vorzustellen wie sie wohl aussieht. Friedlich?
Also drehe ich mich rum und betrete den Raum. Ich habe noch nie zuvor einen toten Menschen gesehen und bin so erschrocken das ich mich wieder rumdrehe. Hinter meinem Rücken höre ich Opa mit ihr reden. Er tut so als sei alles ganz normal und stellt ihr Fragen, als würde sie gleich aus ihrem Mittagsschlaf erwachen und ihm antworten.
"Gut, du bist jetzt stark und guckst sie an. Du musst stark sein, für deine Schwestern!", denke ich mir und drehe mich wieder rum. Ich gehe mit meinen Eltern an das Bett. Mein Papa stellt sich daneben, streicht ihr über das Haar, küsst sie auf die Stirn und verabschiedet sich. Meine Mama tut das Gleiche.
Sie liegt genau vor mir, wie eine Puppe. Ich denke an die ganzen Stars aus einem Wachsfigurenkabinett. In meinen Gedanken steht sie zwischen all denen. Ihre Haut schimmert gelb und als ich meine Hand auf ihren Kopf lege um ihr durch das Haar zu streichen spühre ich die Kälte. Schmerz. Traurigkeit. Kälte. Tod.
Auch ich küsse sie auf die Stirn, wie ich es sonst nur bei meinem Zauberer mache und verabschiede mich.
Ich werde sie so sehr vermissen.
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